Residenzstraße 8

Kolonat Nr. 110

Der ehemalige Kirchhofspeicher


Der ehemalige Kirchhofspeicher

Vor der Kirche: der ehemalige Kirchhofspeicher - rechts die sogenannte "Salzlaube"

Wie die Inschrift an dem Fachwerkhaus ausweist, stammt das Gebäude aus dem Jahre 1825, doch seine Geschichte reicht noch wesentlich weiter in die Vergangenheit zurück. Einiges spricht dafür, daß anstelle des jetzigen Hauses ehemals ein sogenannter Kirchhofspeicher gestanden hat.

Derartige Speicher bildeten zusammen mit der hohen Kirchhofsmauer, an die sie angebaut waren, und der Kirche selbst eine kleine Verteidigungsanlage für Kriegszeiten. Der Speicher diente dann zur Unterbringung von Vieh und Habe der Bauern. Um 1600 wurde der Speicher für 30 Groschen jährlich an Johann Engelken verpachtet. 1612 tritt dann der Küster Simon Jeger als Pächter auf. Möglicherweise baute Jeger den Speicher zu einem Wohnhaus um, denn seitdem ist in den Akten statt von einem "Speicher" immer von einem "Haus" die Rede. Jeger wurde 1627 nach Reelkirchen versetzt. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges und man wird annehmen dürfen, daß die Kirche den ehemaligen Speicher wieder für Notzeiten freihielt. Erst 1647, kurz vor Ende des Krieges, wird Johann Köper als neuer Pächter genannt. Auch er hatte wieder 30 Groschen jährlich an die Kirche zu zahlen. Aber offenbar hatte Köper die Absicht gehabt, das Haus zu kaufen. Er hinterließ der Kirche eine Menge Schulden, die nun seine Erben zu tragen hatten. Im Jahre 1658 wurde die Schuld von Hans Koch beglichen, der von nun an das Haus in seinem Besitz hatte.

Etwa 150 Jahre lang waren die Kochs, die zur Unterscheidung der anderen Kochs im Dorfe "Koch am Kirchhof" genannt wurden, Eigentümer des Hofes. Im Jahre 1804 heiratete die von diesem Hof stammende Luise Koch den ebenfalls in Brake wohnenden Anton Tödtmann, dessen Hof an der Braker Mitte 43 lag. Nach der Heirat zogen sie auf den Hof der Kochs und erbauten hier im Jahre 1825 ein neues Wohnhaus, wie dieses auch in der Hausinschrift bezeugt ist. Sie lautet:

GLB
T
LAS DEINE TÄGLICHE ÜBUNG SEIN ANDÄCHTIG BÄTEN
FLEISIG ARBEITEN UND GOTT VERTRAUEN
ANTON TÖDTMANN.U.S.LOUISE KOCHS. ANNO
F.K.H1825

Der Spruch entstammt den "Christlichen Lebensregeln" des Helmstedter Pfarrers Johann Rittmeyer († 1698). Es ist die Regel Nr. 92.

Inschrift am Haus Residenzstr. 8, 2010

Inschrift am Haus Residenzstr. 8, 2010

Noch konnte nicht geklärt werden, was die Initialen über der Inschrift und die beiden Symbole an den Torständern bedeuten. Anton Tödtmann zog später wieder auf den väterlichen Hof an der Braker Mitte zurück, wo er auf dem Altenteil seinen Lebensabend verbrachte. Sein Sohn übernahm die alte Kochsche Stätte und gab sie später an seine Kinder weiter. Um 1880 scheinen die Tödtmanns dann aus Brake fortgezogen zu sein, denn 1881 läßt sich der Ziegler August Langenberg bei seiner Vermählung mit Pauline Laukamp auf dem Hof nieder. Gegen Anfang dieses Jahrhunderts kaufte schließlich der aus Hillentrup stammende Ziegler Friedrich Gröne das Haus. Er war später als Küster tätig und kam auf unglückselige Weise ums Leben. Kurz vor Weihnachten 1930 wurde er tot im Heizungskeller der Kirche aufgefunden - an Koksgasen erstickt. Seine Schwiegertochter und Enkelkinder waren die letzten Besitzer des Hauses. Sie verkauften es 1976 an die Kirchengemeinde Brake. Sie nutzt das Haus heute für Veranstaltungen unterschiedlichster Art.

vor 1600:Pastor Hunnäus berichtet im Jahre 1614, daß am Kirchhof, dort wo der Küster Simon Jäger gebaut hat, eine adlige Frau gelebt hat, die am Aussatz gestorben ist. Sie habe der Pfarre Brake ein umfangreiches Erbe vermacht.
1600:Johann Engelke mietet von der Braker Kirche einen Speicher, der auf dem Kirchof steht, auf zwölf Jahre und zahlt dafür jährlich 30 Groschen Pacht.
1612:Der Küster Simon Jäger pachtet den Speicher für jährlich 30 Groschen.
1613:Simon Jäger kauft von der Kirche zu Brake den Speicher einschließlich eines Grundstücks von 30 Fuß Länge für 20 Thaler. Er zahlt dafür jährlich an Zinsen 1 Reichsthaler an die Kirche.
1625:Simon Jäger verläßt Brake und tritt die Küsterstelle in Reelkirchen an. Dort wird er in den Wirren des 30-jährigen Krieges 1636 von schwedischen Kriegsleuten erschossen.
1643:Das Haus des alten Küsters steht leer.
1647:Johann Köper pachtet das Haus auf dem Kirchhof für 30 Groschen jährlich.
1652:Jürgen Stelter aus Sandebeck wohnt mit seiner Frau Catharina Mengedoth in dem Haus am Kirchhof.
1656:Der Kirchenvorstand beschließt, daß Jürgen Stelter jährlich 7 Groschen an die Kirche zahlen soll, da sein Haus mit dem hinteren Ende auf dem Kirchhof steht.
1775:Johann Henrich Remmert, auch "Koch am Kirchhof" genannt, bewohnt das Haus.
1825:Anton Tödtmann und seine Frau Sophie Louise Koch brechen das alte Haus ab und erbauen ein gleicher Stelle ein neues Haus.
1881:Der Ziegler August Langenberg erwirbt das Haus am Kirchhof.
1926:Friedrich Gröne, Totengräber / Friedrich Barkei, Ziegler
1976:Die ev.-ref. Kirchengemeinde Brake erwirbt das Haus von den Erben des Zieglers Friedrich Gröne und läßt es restaurieren.